Zeitung für Schland

Marc Pitzke, Sarah Palin und das Warten auf die Bombe

Posted in SPIEGEL & SPIEGEL ONLINE by Mr. Moe on September 24, 2008

Marc Pitzke, SPIEGEL ONLINE Korrespondent in New York, ist bereits mehrfach durch seine äußerst faire und objektive Berichterstattung über den US-Wahlkampf aufgefallen. Doch was Pitzke in seinem neusten Beitrag „Palin plauscht sich in die Weltpolitik“ von sich gibt, schlägt dem Fass den Boden aus.

Bereits der Vorspann sagt weitaus mehr über Pitzke als über Palin aus:

Sarah Palin nutzt die Uno-Vollversammlung für eigene Zwecke: Sie absolviert in New York einen Crashkurs in Außenpolitik. Mit diversen Staatschefs plaudert sie – zum Beispiel über die Namen der Kinder. Reporter blieben wohlweislich ausgesperrt.

Wahrlich unverschämt von Palin, die Uno-Vollversammlung, diesen Segen für die Menschheit, für ihre eigenen üblen Machenschaften zu nutzen. Und überhaupt: Dass eine solche Person mit Staatschefs parlieren darf, während Pitzke draußen im Regen steht – ungeheuerlich! Doch was soll man von den Republikanern auch sonst erwarten:

Palin und Republikaner-Kandidat John McCain scheren sich wenig darum, was Ausländer oder die Medien sagen. Letztere verachten sie, so McCains Top-Stratege Steve Schmidt, als „150 Prozent für den demokratischen Kandidaten voreingenommen“.

Dabei berichten gerade deutsche Medien doch hundertprozentig neutral und unvoreingenommen: Nie ein böses Wort über John McCain und keine unkritische Obama-Lobhudelei. Ein Beispiel dafür, wie deutsche Medien über McCain und Palin berichten, bietet nicht zuletzt Pitzke selbst:

Erster Termin: eine Hotelsuite in Midtown. Palin und Karzai saßen in Brokatsesseln. Karzai erwähnte seinen Sohn. „Wie heißt der?“, erkundigte sich Palin. „Mirwais“, antwortete Karzai. „Das heißt ‚Licht des Hauses‘.“ Palin: „Oh, nett.“ Nach 29 Sekunden Geplänkel wurden die Kameraleute hinauseskortiert.

Was erwartet Pitzke? Soll Palin Karzai sagen, dass sie sein Sohn nicht interessiere und sie mit ihm lieber über auf der Stelle über die Taliban sprechen wolle? Wie dem auch sei, Pitzke interessiert sich – man glaubt es kaum – durchaus noch für andere Dinge als Sarah Palin:

Das Uno-Duell zwischen Bush und Ahmadinedschad ging bei dieser Farce fast völlig unter. Dabei war es außenpolitisch von weit größerer Bedeutung – und außerdem das letzte seiner Art: Der US-Präsident nahm seinen Abschied von der Uno, mit der ihn jahrelang gepflegte Ressentiments verbanden.

Sowohl in den großen amerikanischen Tageszeitungen, als auch in deutschen, englischen und israelischen Medien wurde ausgiebig über Ahmadinedschad und Bush berichtet. Zudem lege es in Pitzkes eigenen Händen, über selbige zu schreiben und sich nicht bis zum Erbrechen über Sarah Palin zu echauffieren. Wobei Pitzke durchaus ein paar Worte über Ahmadinedschad parat hat:

Doch auch Ahmadinedschad kam an Palin nicht vorbei. Tags zuvor hatten Tausende vor der Uno gegen ihn protestiert. Die Demonstration, organisiert von jüdischen Gruppen, wurde jedoch bald in „Sarah-Palin-Demo“ umgetauft.

Palin und die Demokratin Hillary Clinton waren beide als Gastrednerinnen geladen. Doch als Clinton von Palin erfuhr, sagte sie wieder ab. Woraufhin auch Palin zurücktrat. Ihre geplante Rede fand sich stattdessen am selben Tag auf Seite eins der konservativen Zeitung „New York Sun“ – welche Palin darob atemlos zur „neuesten Cinderella der internationalen Szene“ kürte.

Welch Überraschung: Anstatt Clintons Rückzug zu kritisieren, wird sich über Palin lustig gemacht.

Schnitt. Was Pitzke bis hierhin ausgebreitet hat ist gewiss die Tastatur nicht wert, auf der es geschrieben wurde. Was sich Pitzke Folgenden jedoch über Palins Rede schreibt, ist mit Worten kaum zu beschreiben und bei auch nur geringst vorhandenem Verstand unbegreiflich:

„Er muss aufgehalten werden“, wetterte Palin da über Ahmadinedschad. „Die Welt muss die Bedrohung erkennen, die dieser Mann für uns alle darstellt.“ Iran könne „binnen eines Jahres“ genügend spaltbares Material für eine Atombombe herstellen, sagte die mögliche US-Vizepräsidentin. Dass es von dort aus noch ein weiter Weg ist zu einer tatsächlich funktionierenden Atombombe, verschwieg Palin freilich. „Wenn McCain und Palin gewählt werden“, schlussfolgerte der konservative Blogger Andrew Sullivan daraus, „wird es Krieg geben.“

Falsch: Es wird Krieg geben, weil Menschen wie Marc Pitzke die Entwicklung der iranischen Atombombe so lange leugnen werden, bis sie am Himmel von Tel Aviv zu sehen ist. Oder wie Carlonie Glick es in der Jerusalem Post treffend umschrieb:

There will be no will in Washington to act against Iran until after Iran has attacked Israel with nuclear weapons.

So it is up to Israel. Too bad we don’t have a government in Jerusalem.

Edit: Jetzt ist auch der Weekly Standard auf Pitzke aufmerksam geworden.

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2 Antworten

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  1. n.n. said, on September 24, 2008 at 2:07 pm

    „Woraufhin auch Palin zurücktrat.“

    DAS ist die fetteste luege schlechthin, die der obamanist pitzke noch diskret mit reindrueckt. dem typen waere eine karriere sondergleichen im amt rosenberg beschieden gewesen, wenn ihm nicht die „gnade der spaeten geburt“ widerfahren waere…

    fakt ist: die Conference of Presidents of Major Jewish Organizations als veranstalter hat die einladung an palin zurueckgezogen – offenbar aufgrund von internem parteipolitischen druck.
    http://firstread.msnbc.msn.com/archive/2008/09/18/1421633.aspx
    man muss es zwei mal lesen um es zu glauben… mitglieder der demokratischen partei in den juedischen organisationen verhindern eine protestrede gegen ahmedinejad nur weil die vortragende eben palin waere.

  2. Mr. Moe said, on September 25, 2008 at 9:29 am

    Danke für den richtigen und wichtigen Hinweis.
    Die bereits oben erwähnte Caroline Glick schreibt diesbezüglich:

    „It was a remarkable speech, prepared by a remarkable woman. But it was not heard. It was not heard because the Democratic Party and Jewish Democrats believe that their partisan interest in demonizing Palin and making Americans generally and American Jews in particular hate and fear her to secure their votes for Obama and his running-mate Sen. Joseph Biden in the November election is more important than allowing Palin to elevate the necessity of preventing a second Holocaust to the top of the US’s national security agenda.“


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