Zeitung für Schland

Aufschrei

Posted in Deutsche Zustände by Mr. Moe on Mai 18, 2010

Das mutmaßliche Bekennerschreiben zum Brandanschlag auf die jüdische Synagoge in Worms, bei dem glücklicherweise niemand verletzt wurde, zeigt, wohin „Israelkritik“ in letzter Konsequenz führt:

Sobald ihr nicht den Palästinensern Ruhe gibt, geben wir euch keine Ruhe.

Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, äußert sich in einem Interview mit der Jüdischen Allgemeinen wie folgt über die (ausbleibenden) Reaktionen auf den Anschlag:

Ich hätte einen öffentlichen Aufschrei erwartet. Auch wenn Politiker wie der Ministerpräsident Kurt Beck die Tat scharf verurteilt haben, war der Anschlag eine Randnotiz in der öffentlichen Debatte.

Wie sich dieser Tage eindrucksvoll gezeigt hat, ist „öffentlicher Aufschrei“ in Deutschland vornehmlich dann zu vernehmen, wenn der Kapitän der deutschen Fußballnationalmannschaft durch ein grobes Foulspiel – mit Absicht, dessen ist man sich gewiss! – verletzt wird und folglich nicht dazu beitragen kann, Deutschlands Ruhm bei der Weltmeisterschaft in Südafrika zu mehren. Von dieser Seite aus betrachtet wirkt der ausgebliebene „öffentliche Aufschrei“ über die unweigerlich in antisemitische Praxis übergehende „Israelkritik“ in der Tat schwer – wenngleich ein ebensolcher Aufschrei in Form der ja durchaus ab und an öffentlich artikulierten Heuchelei, den „Anfängen“ wehren zu wollen, freilich ohnehin eine Lüge gewesen wäre. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass in Deutschland zeitgleich des Brandanschlags auf die Synagoge in Worms über einen vermeintlichen „Kompromiss“ mit dem Iran gejubelt wird – ganz so als sei Judenmord Verhandlungssache.

EU will Druck ausüben

Posted in Zwei mal Drei macht Vier by Mr. Moe on März 14, 2010

Natürlich nicht auf die „Islamische Republik“ und ihr Atomwaffenprogramm oder gar die Palästinensische Autonomiebehörde, die Verhandlungen mit Israel dieser Tage ebenso wie die vergangenen Monate ablehnt, sondern auf Israel:

The European Union might use its trade ties with Israel as leverage to pressure it into renewing peace talks with the Palestinians, Catherine Ashton, the High Representative for Foreign Affairs and Security Policy at the EU said on Saturday.

Ashton was speaking at an EU foreign minister conference held in Spain. Swedish Foreign Minister, Carl Bildt, said that Israel’s announcement on building in east Jerusalem during United States Vice President Joe Biden’s visit last week was intentional and not coincidental.

Freilich ist es sicher gut gemeint und zum Wohle Israels, das vor sich selbst bzw. seiner eigenen Regierung geschützt werden müsse.

Deckmantel

Posted in Deutsche Zustände, Die üblichen Verdächtigen by Mr. Moe on März 11, 2010

SPIEGEL ONLINE weiß über den neuen vom US-Außenministerium erstellten Bericht zur Lage der Menschenrechte u.a. Folgendes zu berichten:

Die Kritik an Israels Politik gehe mit wachsendem Antisemitismus einher, hieß es weiter. […] Der Antisemitismus habe im vergangenen Jahr [in Europa, Mr. Moe] – vor allem seit Israels Invasion im Gaza-Streifen im Winter 2008/2009 – „weiter zugenommen“, heißt es in dem Bericht. Die „neue Form“ des Antisemitismus komme oft unter dem Deckmantel der Kritik an Israels Politik oder am Zionismus daher, „überschreitet dabei aber die Linie zur Dämonisierung aller Juden“. Dies manifestiere sich in körperlichen Angriffe auf Juden, Friedhofsschändungen und Beschwerden über ungebührlichen Einfluss von Juden in Politik und Medien.

In diesem Zusammenhang sei auf eine mehr oder weniger zufällige Auswahl deutschsprachiger Kommentare zu den jüngsten Ereignissen in Israel verwiesen:

Peter Münch, Süddeutsche Zeitung – „Eine Freundschaft in Scherben“ (hat tip: Spirit of Entebbe„Unbotsmäßige Juden“):

Das [jüdische Leben in Ostjerusalem, Mr. Moe] ist Provokation, ja es zeugt von Hybris – der kleine Partner führt den großen vor. Für Präsident Obama sollte dies der Anlass sein, Premierminister Netanjahu druckvoll klarzumachen, dass auch die besondere Freundschaft zwischen den beiden Staaten Grenzen kennt. Die rote Linie verläuft dort, wo Israel Amerikas Autorität untergräbt. Zögert Obama nun, dann wächst die Gefahr, dass sich Jerusalem auch in einer anderen Frage löst von einer Kursabstimmung mit Washington: im Umgang mit dem Teheraner Atomprogramm. Wenn Israel, wie bereits angedroht, tatsächlich im Alleingang die iranischen Atomanlagen bombardieren wird, dann droht die ganze Region im Krieg zu versinken.

Inge Günther, Frankfurter Rundschau „Ungenierte Landnahme“:

Daran zeigt sich auch, wie ungeniert Israels Regierung nach wie vor über Land verfügt, das nach internationalem Recht den Palästinensern zusteht.

Clemens Verenkotte, Tagesschau – „Eine vergebliche Reise“:

Israels rechtsnationale Regierung legt keinen gesteigerten Wert darauf, auch nur den diplomatischen Anschein zu erwecken, als ob sie sich in ihrer Siedlungspolitik von Washington oder sonstigen Verbündeten reinreden lässt. […] In Ramallah im besetzten Westjordanland, an der Seite des ohnehin tief frustrierten Palästinenser-Präsidenten Machmud Abbas, fand Obamas Stellvertreter ungewohnt scharfe Worte für die jüngsten Siedlungspläne Israels. Doch diese bleiben – wie immer – folgenlos. Um die Feststellung zu treffen, dass durch die beständig neue Siedlungsbauten genau „das Vertrauen untergraben“ werde, das aus US-Sicht jetzt aufgebaut werden müsse, hätte Biden nicht hierher reisen müssen.

Martin Woker, Neue Züricher Zeitung – „Biden und die Brandstifter“:

Obama wird nicht darum herumkommen, auf die jüngste Provokation aus Jerusalem zu reagieren. Deutlicher hätte nicht demonstriert werden können, was die demokratisch gewählte israelische Regierung von der geplanten neuen Verhandlungsrunde und damit auch von einer Zweistaatenlösung hält: gar nichts. Die Konsequenz solchen Handelns aus einer Position der vermeintlichen Stärke lässt nur zwei Möglichkeiten offen: die Ausschaffung aller Nichtjuden aus Cisjordanien, wie sie israelische Extremisten seit langem fordern; dies käme einer «ethnischen Säuberung» gleich. Oder aber die Einsicht, dass zwischen Jordan und Mittelmeer der Platz nur noch reicht für einen einzigen Staat – mit gleichen Rechten für alle Bürger.

Gregor Peter Schmitz und Christoph Schulz, SPIEGEL ONLINE – „Gute Worte, Böse Freunde“:

Es ist ein neuer Tiefpunkt in den Beziehungen zwischen Israel und den USA: die Ankündigung, jüdische Siedlungen im annektierten Teil Jerusalems auszubauen.

Der Zeitpunkt der Bekanntgabe der Wohnungsbaupläne mag als politisch unklug kritisieren werden können – was im Übrigen sowohl von Israel grundsätzlich wohlgesonnener Seite aus als (natürlich) in israelischen Medien geschieht. Des Weiteren mag sich über die von „israelkritischer“ respektive israelfeindlicher – mit anderen Worten: deutscher, europäischer und postamerikanischer – Seite bereitwillig als eben solche aufgefasste günstige Gelegenheit für Abbas geärgert werden, die „Friedensverhandlungen abzusagen“ und Israel so mit (noch größerer) Leichtigkeit (als ohnehin schon seit jeher) den „Politischen Schwarzen Peter“ zuzuschieben.

Indes steht nach wie vor unweigerlich fest, was bereits vor dem Besuch von US-Vizepräsident Biden in Israel feststand: Weder jüdische Wohnungen in der israelischen Hauptstadt Jerusalem, noch die „rechtsnationale“ israelische Regierung stellen das größte Hindernis für den sogenannten „Friedensprozess“ dar – egal wie häufig und lautstark dies deutsche Zeitungen (oder amtierende US-Präsidenten) auch verkünden mögen. Der derzeitige mediale Aufschrei lässt sich folglich am Besten mit jener von deutschen Nahostberichterstattern fortlaufend falsch verwendeten Floskel beschreiben: unangemessen.

„An Israeli Affront Against Germany“ – Deutsche, wehrt Euch!

Posted in Deutsche Zustände, SPIEGEL & SPIEGEL ONLINE by Mr. Moe on März 2, 2010

Wenn Matthias Gebauer, Christoph Schult und Holger Stark für die internationale Ausgabe von SPIEGEL ONLINE von einem „Israeli Affront Against Germany“ titeln, liest sich das nicht nur oberflächlich wie der Aufschrei scheinbar gepeinigter Antisemiten, sondern ist auch genau so zu verstehen. Folgerichtig halten sich die drei Herren von SPON in ihrem Klagelied über den „Israeli Affront Against Germany“ auch gar nicht erst damit auf, in Widerspruch zu den eigenen Ressentiments Stehendes zu berücksichtigen, sondern befassen sich lieber damit, Zoten zu reißen, Hamas-Propaganda zu verbreiten und Deutschland respektive Deutsche gegenüber Israel in Schutz zu nehmen.

Mit einem Zitat des „Propheten Mohammeds“ beginnend scherzen die SPON-Autoren:

One should not speak ill of the dead, the Prophet Muhammad once intoned. But Mahmoud al-Zahar, 64, the leader of the Islamist Hamas movement in Gaza Strip, is now forced to make a small exception. Sitting on the ground floor of his home in Gaza City’s Tel al-Hawa neighborhood, he talks about his comrade Mahmoud al-Mabhouh, who was liquidated by a hit squad in a Dubai hotel on Jan. 20. How could al-Mabhouh have been so careless and booked his flights over the Internet, asks the co-founder of Hamas? „That was more than stupid.“

Dass es für das gängige moralische Gebot, nicht schlecht über jüngst Verstorbene zu sprechen, keinen Verweis auf den Propheten bedurft hätte, sei den Autoren angesichts ihrer offenkundigen und qua Profession ja geradezu unvermeidlichen Sympathie für Islamisten verziehen. Selbiges gilt für den offenbar lustig gemeinten Verweis auf die Schlechtigkeit al-Mabhuhs, die dann jedoch – Prinzip Fallhöhe, Journalistenschule, Klasse 1, dritte Stunde – nicht wie erwartet darauf zurückgeführt wird, dass es sich bei al-Mabhuh um einen mörderischen Antisemiten gehandelt hat, sondern dass dem guten Mann ja eigentlich nur vorzuwerfen sei, sich nicht ausreichend gegen seine israelischen Feinde geschützt zu haben.

Nachdem bereits zu Beginn des Artikels  solch ein humoristisches Feuerwerk gezündet wurde, zeigen Gebauer, Schult und Stark im nachfolgenden Satz, dass sie wahrlich zu Scherzen aufgelegt sind:

Shortly after al-Mabhouh’s death, when Hamas leaders began pointing the finger at Israel, many observers wrote it off as just another Middle East conspiracy theory. But following revelations by police in Dubai as well as their own investigations, governments in the West have little doubt that this was a Mossad hit.

Die obige Passage enthielte genau dann zwei wahre Sätze, wenn „Hamas leaders“ durch „German and European journalists“, „their own investigations“ durch „own resentments“, „goverments in the West“ durch „German journalists“ und „little doubt“ durch „no doubt at all“ ersetzt werden würde. Die Hamas ist ihren Anhängern bei SPON freilich ohnehin voraus, beschuldigt man dort doch arabische Regierungen und nicht etwa Israel. Dies hindert Gebauer, Schult und Stark allerdings mitnichten daran, den Mossad ohne jeden Zweifel für die Tötung al-Mabhus verantwortlich zu zeichnen, zumal dies ja auch in Israel ein „open secrect“ sei – und dies „despite military censorship“, was auch immer mit Letzterer gemeint sein soll (hört sich jedenfalls richtig schön finster an und wird daher schon stimmen).

Angesichts der erdrückenden Beweise, die deutsche Journalisten gegen Israel zusammengetragen haben, ist es in der Tat frech, dass der israelische Außenminister Avigdor Lieberman, dem deutsche Medien grundsätzlich wohlgesonnen gegenüberstehen, nicht zu Kreuze kriecht:

But that didn’t stop Israeli Foreign Minister Avigdor Lieberman from issuing a brazen denial during a conversation with his Irish counterpart at a meeting in Brussels last week, maintaining that it was all merely propaganda. „The Arabs have a tendency to blame Israel for anything that happens in the Middle East,“ he said.

Natürlich ist Liebermans „denial“ nicht einfach nur ein „denial“ oder gar eine einfache Aussage, sondern „a brazen denial“. Dass Lieberman lediglich als „Israeli Foreign Minister“ und nicht in der ansonsten üblichen Manier als „ultranationalist“ vorgestellt wurde, verdankt sich hingegen vermutlich einem unaufmerksamen Praktikanten, der vergessen hat, den Artikel vor Veröffentlichung gemäß den Richtlinien der Redaktion aufzupolieren. Sich der Erkenntnis verweigernd, dass Liebermans Aussage zweifelsfrei nicht nur eine der wenigen wahren, sondern darüber hinaus auch die zwar trivialste, so doch hochwertigste im gesamten Artikel von Gebauer, Schult und Stark ist, zieht es die SPON-Meute vor, stellvertretend für ein ganzes Volk zu geifern:

The Mossad operation is a particular affront to the Germans [not only to Germany!, Mr. Moe]. Since last summer, current BND head Ernst Uhrlau has been acting at the behest of the Israeli government as a liaison between Jerusalem and Hamas. He sought the release of roughly a thousand Palestinian prisoners held by the Israelis and, in return, Hamas was to set free Israeli soldier Gilad Shalit, who was abducted by Palestinian militants in 2006.

The BND official was in Israel just a few days before Jan. 19 to discuss the next steps in the negotiations. By then the hit squad must have been already on its way to Dubai.

The BND negotiator also returned to the region following the murder in Dubai, but neither before nor after the assassination did his colleagues in Israeli intelligence brief him on their risky plot.

Deutsche Medien erachten den Tausch eines entführten israelischen Soldaten gegen hunderte oder besser noch tausende palästinensische Gefangene, von denen wenngleich nicht alle, so doch eine nennenswerte Anzahl an terroristischen Anschlägen beteiligt war, offensichtlich für eine gute Sache, die ebenso erstrebenswert sei wie der tatsächlich vom BND vermittelte Austausch dreier toter israelischer Soldaten gegen fünft inhaftierte Terroristen und Mörder. Selbstredend habe Israel bereits für den Versuch der Vermittlung des Bundesnachrichtendienstes zwischen der Hamas und Israel so dankbar zu sein, dass es vor etwaigen Geheimdienstaktionen, die in keinerlei Zusammenhang mit dem BND stehen, gefälligst Rücksprache mit Deutschland zu halten oder am besten gleich gänzlich auf derartige Verteidigungsmaßnahmenzu  verzichten habe. Dies vermeintlich nicht getan zu haben stellt erkennbar und ohne Zweifel nicht nur einen „affront to Germany“, sondern gar einen „affront to the Germans“ dar – und das nachdem man in Deutschland doch so wunderbar aus der Shoah gelernt hat und nicht müde wird, die „unverbrüchliche Solidarität“ mit Israel zu betonen!

Und es ist ja nun auch wahrlich nicht das erste Mal sei, dass Israel sich schäbig gegenüber seinem besten und fürsorglichsten Freund verhalten habe:

This marks the second time that the Germans have been snubbed. In late December, Israeli Prime Minister Benjamin Netanyahu rejected at the last moment a detailed agreement that his negotiator Hagai Hadas had hammered out with Hamas via the German intelligence agency. BND head Uhrlau has admitted internally that he currently sees no chance of reaching an agreement in the Shalit case.

In den contentions des Commentary Magazine, einer jener Publikationen, die deutsche Journalisten so lange als zwangsverordnete Lektüre dienen mögen, bis ihre Reeducation gänzlich abgeschlossen sei, weist Noah Pollack nicht nur darauf hin, dass die Lohnschreiber von SPON sich als Hofberichterstatter der Hamas erweisen, sondern dies vermutlich auch noch als Auszeichnung verstünden:

So Israel rejected a prisoner swap and hung Mahmoud Zahar out to dry? This is pure Hamas spin — and therefore very attractive to Western journalists. The reality of the negotiations is that Israel has been waiting on a Hamas answer on the prisoner swap since December, an answer that has not been forthcoming because of a rift between Hamas’s Gaza and Damascus leadership. The Gazans want to do the swap; the Syrian leadership does not.

Diese Umstände geflissentlich ignorierend und sich gänzlich der Hamas verschreibend, halten die SPON-Journalisten indes gemeinsam mit einem derer Führer fest:

This sentiment was also echoed by Hamas leader Mahmoud Zahar. He said it’s impossible to make an agreement with the infidels, and cited a line from the second Surah of the Koran: „Is it not so that every time they made a promise, some of them cast it aside?“

Nachdem wieder einmal geklärt worden wäre, dass Juden notorische Lügner seien, schließen Gebauer, Schult und Stark mit der Moral von der Geschicht, die zugleich die Quintessenz deutscher Nahostberichterstattung darstellt:

Zahar said it had been difficult to convince Khalid Mashaal, the exiled political leader of Hamas in Damascus, Syria, to approve the deal. Netanyahu’s subsequent rejection seriously damaged his reputation within Hamas, says Zahar. „I have suffered a lot internally,“ he adds. „I am not ready to negotiate anymore.“

Jeder aufrechte deutsche Journalist weiß, dass die Führer der Hamas stets zu wirklichen Verhandlungen bereit gewesen sind, angesichts Israels unnachgiebiger und obendrein verlogener Art und Weise jedoch auf ewig zum Widerstandskampf gezwungen sind.  Selbst in jenen dunklen Zeiten, in denen Deutsche höchstselbst einem „Israeli Affront“ ausgesetzt sind, auf diese Ungerechtigkeit hinzuweisen, ist den willigen Vollstreckern der Hamas in den deutschen Medien hoch anzurechnen.

„Ist Kritik an Israel möglich?“

Posted in Deutsche Zustände by Mr. Moe on Februar 24, 2010

Folgendes kommt dabei heraus, wenn Helmut Schmidt und Fritz Stern von Reinhold Beckmann gefragt werden, ob „Kritik an Israel“ in Deutschland „möglich“ oder nicht etwa „tabu“ sei:

Ist „Kritik“ an Israel „möglich“? – es hat beinahe schon etwas Erheiterndes, dass diese Frage gerade jenen zwei alten Männern gestellt wurde, die zwecks ihrer Beantwortung im öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehen fünf Minuten lang „Israelkritik“ par exellence betreiben und dabei eine bemerkenswerte Reihe an Ressentiments und Falschaussagen verbreiten, ohne dass sie mit nennenswertem Widerspruch des Moderators, der Medien oder führender Politiker zu rechnen haben. Fast ebenso erheiternd ist der Gedanke daran, dass jeglicher Einspruch gegen die Herren Schmidt und Stern schlichtweg als Bestätigung ihrer kruden Thesen gewertet und folglich vom Einfluss der „Israel-Lobby“ schwadroniert werden würde.

hat tip: tw_24:blog.

Worte der Woche (44)

Posted in Worte der Woche by Mr. Moe on Februar 14, 2010

In einem Haus im Osten Jerusalems leben 45 jüdische Siedler unter Hunderttausenden Arabern – eine Provokation, die nun beendet werden soll.

Dieser Teaser gehört zu einem in der Süddeutschen Zeitung veröffentlichten Artikel von Peter Münch über ein von Juden bewohntes Haus in Silwan, im „arabischen Ostteil von Jerusalem“. Münch findet es offenbar nicht nur unerträglich, dass Juden an einem Ort leben, an dem sie Münch zufolge nichts zu suchen haben, sondern dass die „45 Juden“ darüber hinaus auch noch „Flagge zeigen“, „prangt“ doch frecherweise eine „Flagge mit dem Davidsstern“ an der Fassade jenes Hauses, in dem die sieben jüdischen Familien leben (Beweisfoto für die deutsche Leserschaft inklusive). Doch auch ohne den störenden Anblick israelischer Flaggen stünde die jüdische Präsenz dem wahren Leben in Silwan im Weg:

Das Leben ist hier einfach, arm und traditionell, die Araber sind unter sich. Fast unter sich.

Voraussichtlich wird sich das „einfache, arme und traditionelle“ Leben in Silwan bald wieder ohne die störende Präsenz von Juden vollziehen können, hat doch ein israelisches Gericht die Räumung des jüdischen Hauses angeordnet, da es „ohne Baugenehmigung errichtet word[e], so wie [im Übrigen auch, Mr. Moe] viele arabische Häuser in Silwan“. Auch wenn die Räumung zum Unmut deutschr Journalisten bislang noch nicht vollzogen wurde, darf man in München und andernorts demnach darauf hoffen, dass das urwüchsige Leben in Silwan künftig wieder ebenso gewährleistet ist wie im Anschluss an den arabischen Aufstand von 1936-1939, der die seit 1882 in Silwan lebenden jemenitischen Juden zwang, den Ort zu verlassen.

Wider den Wahn

Posted in Deutsche Zustände by Mr. Moe on Januar 24, 2010

Kein Jude in diesem Land musste jemals solche seelischen Qualen erleiden wie ich.

So beschrieb Sedika Weingärtner ihre Behandlung im Büro in einem Brief an ihren ehemaligen Arbeitsgeber Siemens. Was war der Grund für Weingärtners Vorwurf?

„Weil eine andere Frau meinen Job übernehmen sollte, wurde ich von zwei meiner Vorgesetzten systematisch fertig gemacht“, sagt Weingärtner, die mit dem Nürnberger Kunsthistoriker Helge Weingärtner verheiratet ist. Man habe sie von Besprechungen ausgeschlossen, mit einem alten PC abgespeist, in ein kleines Büro gesetzt und mit übermäßig viel Arbeit eingedeckt. Für Weingärtner Formen von „subtiler Gewalt“. Nach einer Baby-Pause sei alles noch schlimmer geworden. Beschimpft habe man sie, Worte wie „Dreck“ und „Schlamperei“ seien häufiger gefallen.

Ohne Zweifel keine schönen Zustände und Anlass zu berechtigter Klage. Handelt es sich bei Weingärtners „Auschwitz-war-nur-ein-schlechtes-Büro“-Aussage darüber hinaus um den abenteuerlichsten Vergleich, der je in einer deutschen Zeitung publiziert wurde? Keine Frage.

Wichtiger als die überaus berechtigte Kritik an Weingärtner (und ggf. Siemens) ist jedoch, die Aussage der „Siemens-Überlebenden“ im Kontext des derzeitigen öffentlichen (Vergleichs-)Diskurs zu betrachten: Führende Antisemitismusforscher Deutschlands entblöden sich nicht, Antisemitismus und „Islamophobie“ öffentlich gleichzusetzen. Kommentatoren führender deutscher Tageszeitungen machen in „Islamkritikern“ und Vertretern aufklärerischer Werte „Fundamentalisten“ und „heilige Krieger“ aus. Manch ein Journalist hält gar dänische Karikaturisten für „mindestens genauso verblendet“ wie axtschwingende Islamisten.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass im Fall Weingärtner in der SZ bereits von einer „angeblichen Verharmlosung des Holocaust“ zu lesen ist – man ist geneigt zu fragen, was man in Deutschland im Jahr 2010 denn sagen müsste, um den Holocaust tatsächlich zu verharmlosen?

Auch wenn sich in der leider offenbar zwingend notwendigen Debatte Stimmen der Vernunft wie Necla Kelek, Hamed Abdel-Samad, Thierry Chervel, Reinhard Mohr und den üblichen Verdächtigen zu Wort melden: es darf sich darauf eingestellt werden, dass Weingärtners unsäglicher Vergleich nur der vorläufige Höhepunkt eines nicht enden wollenden relativistischen Wahns darstellt. Warum dagegen anzukämpfen ist, erklärt Stephan Grigat:

Es geht heute darum, die bürgerlichen Freiheiten von Leuten wie Ayaan Hirsi Ali zu verteidigen, die den Propheten einen perversen Tyrannen nennt, von Hip-Hopern, die Jesus als Bastard titulieren, und von israelischen Poplinken, die verkünden, dass der Messias nicht kommen wird. Die Frage, warum die beiden Letztgenannten ähnlich wie Manfred Deix mit Kritik, Empörung und schlimmstenfalls mit aberwitzigen strafrechtlichen Konsequenzen leben müssen, Ayaan Hirsi Ali aber mit Morddrohungen und Kurt Westergaard mit Mordversuchen konfrontiert sind, lässt sich nur erklären, wenn in Zukunft versucht wird, die entscheidenden Unterschiede zwischen den Religionen und ihrer jeweiligen Funktion in den heutigen Gesellschaften zu thematisieren, anstatt in einen abstrakten Wald- und Wiesenatheismus zu verfallen, dem alles eins ist.

Update: Schade, dass das Jahr noch so jung ist, denn so wird die Phrase „bester Text des Jahres“ der jüngsten Breitseite Broders gegen das deutsche Feuilleton bei weitem nicht gerecht. Unbedingte Leseempfehlung!

Worte der Woche (41)

Posted in Worte der Woche by Mr. Moe on Januar 18, 2010

In Nahost hilft nur internationaler Druck

Diese Worte entstammen Christoph Bertram, Deutschlands größtem Fürsprecher der Islamischen Republik und erbittertsten Gegner gegenüber einem auch nur ansatzweise druckvollen Vorgehen gegen das iranische Atomwaffenprogramm. Wer meint hier einen Sinneswandel oder einen Widerspruch zu den obigen Worten erkennen zu können, sei allerdings beruhigt – Ziel des „internationalen Drucks“ ist natürlich Israel. Bertram bleibt in seinen Einstellungen folglich konsistent – für die Islamische Republik und gegen den jüdischen Staat.

Update: Bei Opposite Editorial wird Bertrams genauer unter die Lupe genommen.

Anmerkung in eigener Sache: Die Zeitung für Schland kann jetzt über das entsprechende Formular oben rechts auch per E-Mail abonniert werden.

Wie die ZEIT den Vorwurf des „Rufmordes“ gegen Claude Lanzmann „klarstellt“

Posted in DIE ZEIT by Mr. Moe on Januar 14, 2010

Wie an dieser Stelle berichtet wurde, wurde Claude Lanzmann in der ZEIT von Christian Welzbacher beschuldigt, bewusst Geschichtsfälschung zu betreiben. In der F.A.Z. schrieb Jürg Altwegg in einem lesenswerten Kommentar folgerichtig von einer „Kampagne gegen den ‚Shoah‘-Autor“ und einem versuchten „Rufmord an Claude Lanzmann“. Diesen Vorwurf will man bei der ZEIT offensichtlich nicht auf sich sitzen lassen, weshalb Florian Illies in der neusten Ausgabe eine „Klarstellung“ bezüglich der „Debatte um Memoiren“ verfasst hat, die bemerkenswerterweise etwa zur Hälfte aus einer Erneuerung und Bekräftigung der Vorwürfe gegen Lanzmann besteht. Auch der Rest der „Klarstellung“ gleicht einem klassischen Eigentor.

Gleich im ersten Absatz wendet Illies die übliche Taktik jeder Kritik an – er betont, dass die ZEIT dem Objekt der Kritik – in diesem Fall Claude Lanzmann – doch grundsätzlich positiv und ausgewogen gegenüberstünde:

Das Feuilleton der ZEIT hat in der Nr. 17/2009 auf zwei Seiten aus den Memoiren des großen Shoah- Regisseurs Claude Lanzmann, die in Frankreich unter dem Titel Ein patagonischer Hase erschienen sind, Passagen auf Deutsch vorabgedruckt, die Lanzmanns Zeit in Berlin nach 1945 betreffen. Die Memoiren wurden dabei als »Monument des 20. Jahrhunderts« bezeichnet. Als Lanzmann im Herbst vergangenen Jahres von Demonstranten gehindert wurde, seinen Warum Israel- Film in Hamburg zu zeigen, trat die ZEIT als erste überregionale Zeitung dieser Verhinderung mit einem entschiedenen Protest entgegen (Nr. 49/09).

Illies selbst hat den im eigenen Blatt erschienenen Artikel offenbar nicht gelesen, denn sonst würde er nicht fälschlicherweise behaupten, dass Lanzmann selbst daran gehindert worden sei, seinen Film zu zeigen. Lanzmann selbst war in Hamburg schließlich gar nicht vor Ort und äußerte sich erst gut zwei Wochen später zu dem Vorfall. Darüber hinaus berichtete die Jungle World knapp zwei Wochen nach dem Vorfall und somit drei Wochen vor (!) der ZEIT als erste überregionale Zeitung von den antisemitischen Ausfällen in Hamburg. An Frechheit kaum zu überbieten ist es demnach, wenn gerade Illies nur einen Satz später jene „journalistische Sorgfaltspflicht“ ins Feld führt, mit der er es selbst offenbar nicht allzu genau nimmt:

Unabhängig von der großen Wertschätzung für Person und Lebenswerk Claude Lanzmanns sah es unsere Redaktion dennoch als journalistische Sorgfaltspflicht an, eine Entgegnung auf Lanzmanns Erinnerungen an seine Berliner Nachkriegsjahre zu veröffentlichen, da die vorabgedruckten Passagen über den Mitgründer der Freien Universität Berlin, Edwin Redslob, und die Situation an der FU offenbar nicht der historischen Wahrheit entsprechen.

Es wäre ferner zu fragen, warum sich die Redaktion ZEIT nicht genötigt sieht, im Sinne der „journalistischen Sorgfaltspflicht“ die Lügen ihrer Autoren Michael Thumann und Ulrich Ladurner über Israel richtig zu stellen. Hier wird erkennbarer Weise mit zweierlei Maß gemessen: während Nahostkorrespondenten in der ZEIT nach Gutdünken Unwahrheiten über Israel verbreiten und so antisemitische Ressentiments bedienen dürfen, werden vergleichsweise unbedeutende Aussagen jüdischer Intellektueller offenbar aufs Genauste überprüft. Zudem entlarvt Illies sich erneut selbst, wenn er Welzbachers Artikel wie folgt beschreibt:

Es war unser Ziel, darauf hinzuwirken, dass die umstrittenen Passagen in Lanzmanns Buch diskutiert werden, bevor die deutsche Übersetzung in diesem Herbst im Rowohlt Verlag erscheint.

In dem entsprechenden Artikel von Welzbacher wurde jedoch beileibe keine sachliche Diskussion angestoßen, sondern in eindeutiger und bisweilen zumindest antisemitisch konnotierter Art und Weise gegen Lanzmann vorgegangen. Vor diesem Hintergrund ist es fast schon anerkennenswert, wie entspannt Illies dem in der F.A.Z. geäußerten Rufmord-Vorwurf begegnet, den Jürg Altwegg wie folgt formulierte:

Da seine Trouvaille doch eher dürftig ist, setzt Welzbacher Lanzmanns Memoiren einem Generalverdacht aus: „Dabei lässt schon der flüchtige Blick in das französische Manuskript erahnen, dass die Redslob-Episode nicht die einzige sein dürfte, in der Lanzmanns ,Interpretation‘ die Wahrheit überlagert.“ Es kommt noch üppiger: „Lanzmann, das Mensch gewordene Monument der historischen Verantwortung, verändert die Geschichte – nach seinem Interesse.“ Mit dem Irrtum der Entlassung stellt der Warner Lanzmanns Lebens- und Meisterwerk „Shoah“ in Frage – und scheut sich nicht, „Shoah“ mit Tarantinos „Inglourious Basterds“ zu vergleichen. „Dürfen Kunstwerke mit historischen Fakten ,spielen‘?“ Spielt „Shoah“ mit den Fakten? Immerhin hat Welzbacher die Gänsefüßchen nicht bei den Fakten gesetzt. Lanzmann aber ist bei ihm sehr wohl als Fälscher „überführt“. Zu allem Übel hat Rowohlt Christian Welzbacher auch noch beschieden, dass die Memoiren „unverändert erscheinen“ sollen. Wehret den Anfängen.

Hierauf erwidert Illies:

Wir bedauern, dass in den Schlusssätzen des Artikels der Eindruck erweckt wird, dass eventuell weitere Passagen der Memoiren nicht den Fakten entsprechen, ohne dass diese Vermutung belegt wurde. Dass indes aus diesem Umstand die Schlussfolgerung gezogen wird, die ZEIT begehe einen »Rufmord an Claude Lanzmann«, wie es die FAZ am 12. Januar 2010 behauptet, ist verwegen. Und der zugleich erhobene Vorwurf einer Analogie zwischen den antisemitischen Protesten gegen Lanzmanns Film und dem Artikel in der ZEIT ist noch verwegener.

Sämtliche Vorwürfe seien also „verwegen“ und „noch verwegener“ – dies ist tatsächlich Illies grundlegendes und einziges „Argument“. Belege für diese Behauptung? Fehlanzeige. Ein Eingehen auf Altweggs vollkommen zu recht monierten Aussagen Welzbachers? Fehlanzeige. Wahrlich beeindruckend, diese „Klarstellung“ und Illies Plädoyer für die „journalistische Sorgfaltspflicht“.

Update I: Sebastian Voigt schreibt in der taz ebenfalls von einem „Rufmord an Claude Lanzmann“; es sieht folglich so aus, als wäre das Ziel der „Klarstellung“ der ZEIT, die Debatte schnellstmöglichst zu den Akten zu legen, verfehlt worden.

Update II: Auch in der SZ ist mittlerweile zu lesen, dass die in der ZEIT gegen Lanzmann erhobenen Vorwürfe unhaltbar sind und es sich folglich um Rufmord handle.

„Eine kleine Warnung“ – wie Deutschland in der ZEIT vor Claude Lanzmann gewarnt wird

Posted in DIE ZEIT by Mr. Moe on Januar 7, 2010

Bekanntermaßen sind Memoiren und Autobiographien Bastionen der Wahrheit und Objektivität. Von diesem Standpunkt aus betrachtet ist es demnach nur folgerichtig, dass Claude Lanzmanns auf französisch erschienenen Memoiren anlässlich der bevorstehenden deutschen Übersetzung in der ZEIT von Christian Welzbacher aufgrund in ihnen vermeintlich enthaltener Unwahrheiten kritisiert werden. Allerdings begnügt sich Welzbacher dabei nicht damit, falsche Behauptungen Lanzmanns richtig zu stellen, sondern holt gleich ganz groß aus und verfasst „eine kleine Warnung an den Rowohlt Verlag“.

Warum hält es Welzbacher für nötig, einen deutschen Verlag vor jenem jüdischen Intellektuellen zu warnen, der, so Welzbacher, „ein institutionalisiertes Gewissen“ sei, „wenn es um die nationalsozialistische Judenverfolgung geht“? Kurz gesagt: Welzbacher kritisiert Lanzmanns Äußerungen über Edwin Redslob, einen ehemaligen Rektor der Freien Universität Berlin, für dessen Entlassung ein 1950 von Lanzmann verfasster Artikel gesorgt habe, in dem Lanzmann Redslob als „pseudodemokratischen Altnazi“ entlarvt habe. Welzbacher hat eine Biographie über Redslob verfasst, in deren Titel er ihn als „unverbesserlichen Idealisten“ bezeichnet, und ist demnach entweder Fachmann für oder Apologet von Redslob.

Demnach aller Voraussicht nach durchaus kundig schreibt Welzbacher, dass Lanzmanns jüngst bei einer Vorstellung seiner Memoiren wiederholte Darstellung Redslobs falsch sei. Gleichwohl die Frage nach der Richtigkeit von Lanzmanns Darstellung nicht per se unberechtigt sein mag, spielt es für die nachfolgenden Ausführungen keine Rolle, ob in diesem Fall Lanzmann oder Welzbacher zu glauben ist. Denn weitaus interessanter ist, auf welche Art und Weise Welzbacher gegen Lanzmann vorgeht.

Zunächst kritisiert Welzbacher die deutschen Medien für ihren allzu unkritischen Umgang mit Lanzmann:

Kritiklos machten sich die Journalisten in Deutschland Lanzmanns Erzählung zu eigen und sparten sich die Recherche.

In der Tat ist es in Deutschland üblich, sich posthum und öffentlichkeitswirksam an die Seite von Juden zu stellen, zumindest dann, wenn sie sich anständig verhalten und etwa darauf verzichten, sich gegen Terroristen zu verteidigen oder in ihrem eigenen Staat Wohnungen zu bauen. Doch zum Glück gibt es ja nach wie vor auch wahrhaft kritische Journalisten wie Christian Welzbacher, die  durchschauen, wohin der Jude läuft:

Der große Anwalt der Erinnerung hantiert nicht immer genau mit Fakten. Lanzmann, das Mensch gewordene Monument der historischen Verantwortung, verändert die Geschiche – nach eigenem Interesse.

Es wirkt nahezu plump, dass Welzbacher an dieser Stelle die Frage nicht aussprechen mag, die doch unmissverständlich aus seinen Worten abgeleitet werden kann: wäre es denn nicht denkbar, dass „der große Anwalt der Erinnerung“ es mit den Fakten auch in anderen Fällen nicht allzu genommen und die Geschichte „nach eigenem Interesse“ verändert hat? Mag diese Interpretation auf alleiniger Grundlage des obigen Zitates vorschnell klingen, wird sie von Welzbachers nachfolgenden Worten untermauert:

Mit sprachlicher Wucht stilisiert sich der Autor [Lanzmann, Mr. Moe] zum omnipräsenten Akteur, zum regelrechten Rächer der Juden, dessen Chef d’Œuvre Shoah sich in das kollektive Gedächtnis der ganzen Welt einbrannte.

Nach diesem verbalen Rundumschlag wischt Welzbacher jeden eventuell noch verbleibenden Zweifel an seiner Hauptaussage im letzten Absatz endgültig bei Seite:

Tarantionos Inglorious Basterds löste unlängst Diskussionen aus, ob Kunstwerke mit historischen Fakten „spielen“ dürften. Ist für diese heikle Frage auch Lanzmanns Werk ein Präzedenzfall?

Angesichts einer derart „heiklen Frage“ ist es nun offenbar – wie so oft in der Geschichte – an einem Deutschen, drohendes Unheil durch einen Juden abzuwenden und den deutschen Verlag Lanzmanns sowie die deutsche Öffentlichkeit zu warnen:

Um das Schlimmste zu verhindern, kann Rowohlt nun richten, was Gallimard [der französische Verlag Lanzmanns, Mr. Moe] versäumte: die Rettung des Lebenswerks vor seinem Urheber. Eine kommentierte Ausgabe der Memoiren wäre eine Lösung. Auch die Revision unter Rücksprache mit Historikern wäre denkbar.

Noch einmal: ob Lanzmanns Äußerungen über Redslob den Tatsachen entsprechen oder nicht ist zwar nicht gänzlich unbedeutend, angesichts Welzbachers – um ein Lieblingswort deutscher Journalisten zu verwenden, das hier zur Abwechslung auch einmal passt- „unangemessener“ Kritik Lanzmanns. Welzbacher scheint es in erster Linie nicht um den ehemaligen Rektor Redslob zu gehen, sondern darum, ein „institutionalisiertes Gewissen“, dessen Werk über die Shoah sich „in das kollektive Gedächtnis der ganzen Welt einbrannte“, als bewussten Verfälscher der Geschichte darzustellen. Welzbachers abschließender Rat lautet dementsprechend:

Der Text soll unverändert erscheinen. So wäre die einfachste Lösung wohl, das Buch als Roman zu deklarieren.

Bleibt die Frage, als was Journalisten wie Christian Welzbacher zu deklarieren sind.

Update: Die ZEIT hat mittlerweile eine „Klarstellung“ veröffentlicht, die allerdings Fehler enthält und über die eigentlichen Vorwürfe hinweggeht. Zudem wurden sowohl in der F.A.Z. als auch der SZ und taz kritische Artikel veröffentlicht, die die von Welzbacher aufgestellten Behauptungen als „haltlos“ entlarven und den „Rufmord“ an Claude Lanzmann kritisieren.

Quelle: Christian Welzbacher: „Eine kleine Warnung an den Rowohlt Verlag“, in: DIE ZEIT vom 7. Januar 2010, S. 42.