Zeitung für Schland

„Erniedrigungen“ und deren Folgen

Posted in Briefe an die Herausgeber by Mr. Moe on September 29, 2008

Nun äußert sich auch der erste erkennbare Junge Freiheit Leser in der F.A.Z. über den „sogenannte[n] jüdischen Selbsthass“. Der bereits von Benjamin Weinthal auf der Achse des Guten des „Outsourcen des Antisemitismus“ bezichtigte Dr. Hans-Joachim Ballstaedt schreibt:

Von Arno Lustiger werden in der F.A.Z. vom 18. September Juden, die sich nach den Erniedrigungen, die ihr Volk erfahren musste, nun voller Verständnis und Mitgefühl für die palästinensischen Araber einsetzen, indem sie die Beachtung von Völkerrecht und Menschenrechten fordern, öffentlich als Selbsthasser mit eigenen Identitätsproblemen bloßgestellt.

Wer nach dem ekelhaften Euphemismus „Erniedrigungen“ – es fehlt lediglich der Präfix „6 Millionen“ – noch weiter lesen kann, bekommt Altbewährtes geboten. Wie so oft werden jüdische Kronzeugen zitiert, um dem Vorwurf des Antisemitismus zu entgehen:

Hier einige Beispiele für den unterstellten jüdischen „Selbsthass“: Deshajahu Leibowitz [Gemeint ist wohl Jeshajahu Leibowitz, Mr. Moe], ehemaliger Professor für Chemie an der Hebräischen Universität in Jerusalem, schrieb: Der Autonomieplan ist nichts anderes als ein heuchlerischer und gemeiner Trick, um die jüdische Gewaltherrschaft über das palästinensische Volk aufrechtzuerhalten“. „Wir verhalten uns in den besetzten Gebieten, der Westbank, dem Gazastreifen und im Libanon, wie sich die Nazis in den von ihnen besetzten Gebieten verhalten haben.“ „Wir haben keine Vernichtungslager errichtet, aber eine Mentalität, die die Vernichtungslager ermöglichte, gibt es auch bei uns.“

Nach den anschließenden obligatorischen Verweisen auf Ilan Pappe, Uri Avnery und „Mair Margalil“ (gemeint ist wohl Meir Margalit) konstatiert Dr. Ballstaedt:

Wenn das Bekenntnis zu Wahrheit und Menschenwürde in Deutschland öffentlich zum Selbsthass abgewertet werden darf, dann hat jetzt die geistige Umweltverschmutzung und die Heuchelei mittels doppelter Moral einen Höhepunkt erreicht, dem die demokratische Presse beim Kampf gegen den sogenannten „Antisemitismus im neuen Gewand“ größte Aufmerksamkeit schenken muss.

Auch hier das vertraute Muster: Sich selbst als Kämpfer für die freie Meinungsäußerung und Angehöriger einer vermeintlichen Minderheit deklarierend, wird der Begriff „Antisemitismus“ so lange umgedeutet, bis es Antisemiten schon per Definition nicht mehr geben kann. Auch ’ne Möglichkeit Antisemitismus zu bekämpfen.

Quelle: F.A.Z. vom 29. September 2008, S. 8.

Kleiner Nachtrag zu Hecht-Galinski

Posted in F.A.Z. by Mr. Moe on September 29, 2008

Gut, Schreiben hat „Die Tochter“ irgendwann gelernt – insofern man darunter die Fähigkeit versteht, Worte aneinander zu reihen, wenn auch, wie in ihrem Fall, nicht immer in der richtigen Reihenfolge.

Dies schreibt Claudio Casula über Evelyn Hecht-Galinskis als „Antwort auf Arno Lustiger“ deklarierte Behauptung „Antisemitismus ist nicht gleich Antizionismus“. Hinzuzufügen ist, dass Hecht-Galinski an keiner Stelle ihres Textes Belege für selbige These bringt. Stattdessen gibt es Altbekanntes:

Die deutsch-jüdische Erziehung, die ich in meinem Elternhaus genoss, kannte solche beleidigenden Anschuldigungen nicht. Ich wuchs schon seit meiner Geburt 1949 in der Mitte der Gesellschaft auf, wurde in einen Pestalozzi-Fröbel-Kindergarten und danach von meinen Eltern auf eine Waldorfschule geschickt. Mein Vater gab an mich seine humanistische Erziehung weiter, die er in Marienburg in Westpreußen genossen hatte. Das Lebensmotto meines Vaters nach seiner Befreiung aus diversen KZs war: „Ich habe Auschwitz nicht überlebt, um zu neuem Unrecht zu schweigen.“ Auch deshalb sehe ich es als meine Verpflichtung an, nicht zu schweigen, wenn die israelische Regierung Menschenrechtsverletzungen an den Palästinensern in Form von Vertreibung, Enteignung und Besatzung begeht.

Mein Vater hatte es sich zur Aufgabe gemacht, gerade in Deutschland, dem Land, in dem er Erniedrigung, Qualen und die Ausrottung seiner Familie erlebt hatte, wieder neues jüdisches Leben zu etablieren. Darum hat er sich von 1947 bis zu seinem Tod 1992 konsequent bemüht. Meine Eltern und ich lebten nie auf gepackten Koffern und betrachteten Deutschland nicht als „Feindesland“. Für meinen Vater war es auch eine Selbstverständlichkeit, in „seinem“ Berlin beerdigt zu werden, der Stadt, die eine Straße nach ihm benannt hat und deren Ehrenbürger er war. Daher war es für mich ein Bedürfnis, nach dem Tod meines Vaters den Namen Galinski meinem Ehenamen beizufügen. Das war auch ganz im Sinne meines Mannes, Benjamin Hecht, „auch Jude“.

Viele Worte für die bahnbrechende Erkenntnis, dass Evelyn Hecht-Galinski die Tochter ihres Vaters ist. Was das mit der in der Überschrift aufgestellten These zu tun hat? Eben soviel wie das auf F.A.Z.NET beigefügte Bild von Heinz Galinski: Nichts. Doch ein Schelm wer denkt, Hecht-Galinski hätte nicht auch Argumente vorzuweisen:

Arno Lustiger hat recht, es gibt keinen ehrbaren Antisemitismus, aber es gibt einen inflationären und daher gefährlichen Umgang mit diesem Begriff, der sich als stumpfe Waffe herausstellen könnte, wenn er wirklich angebracht ist. Schon mein Vater wurde…

Jawohl, so wird’s gemacht: Erst eine Behauptung über den Zustand der Gesellschaft aufstellen und sich dann prompt wieder auf die familiäre Ebene fallen lassen. Weitere Belege für die Behauptung: Fehlanzeige. Nach dieser argumentatorischen Glanzleistung folgt eine ausführliche Zusammenfassung vergangener Ereignisse, die sich so spannend liest wie der Schulaufsatz eines 10-jährigen Kindes, das zur Abwechslung einmal nicht mit einem verwandt ist. Spannung kommt erst wieder auf, nachdem Hecht-Galinski ihre These „Antisemitismus ist nicht gleich Antizionismus“ in anderen Worten wiederholt, vermutlich damit sie auch derjenige verstehen kann, der die Überschrift nicht gelesen hat:

Natürlich habe ich nur etwas gegen das Wort „antisemitisch“, nicht aber „antizionistisch“, da ich mich gerade gegen diese Gleichsetzung der Begriffe „Antizionismus“ und „Antisemitismus“ wenden möchte. Die israelische Politik zu kritisieren betrachte ich keinesfalls als antisemitisch.

Und der Beleg für die These? Richtig: Die Anderen sagen das auch:

Unterstützung findet meine These bei renommierten israelischen Historikern wie Tom Segev, beim ehemaligen Botschafter Israels in Deutschland, Avi Primor, sowie bei Wissenschaftlern wie Alfred Grosser (siehe: Antisemitismusstreit: Alfred Grosser antwortet auf Broder) und Michal Bodemann.

Vielleicht sollte ein milde gesonnener Mensch Frau Hecht-Galinski bei Gelegenheit einmal erklären, dass die Richtigkeit einer Aussage nicht an andere Personen gebunden ist, die der Aussage ebenfalls zustimmen.

Übrigens: Wirklich schön ist die Beschreibung Hecht-Galinskis seitens der F.A.Z. (Printausgabe):

Evelyn Hecht-Galinski ist die Tochter des ehemaligen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Quelle: F.A.Z. vom 26. September 2008, S. 44.

Wer hat noch nicht, wer will nochmal?

Posted in Briefe an die Herausgeber by Mr. Moe on September 26, 2008

Mit der Veröffentlichung einer Antwort von Evelyn Hecht-Galinski auf Arno Lustigers „Kurze[n] Lehrgang über den Selbsthass“ sowie gleich drei Leserbriefen straft die F.A.Z. Tanja Krienens Vorwurf der Mißachtung der Gegener Broders eindrucksvoll Lügen. Da Claudio Casula sich bereits mit Hecht-Galinskis Text auseinander gesetzt hat, seien hier zunächst nur die Leserbriefe von Alfred Grosser, Abraham Melzer und Gebhard Braun (fehlt eigentlich nur noch Hajo Meyer) dokumentiert.

Zur Abwechslung halber und aufgrund ihrer nicht auf konkrete Sachverhalte Bezug nehmenden Natur seien Grossers und Melzers Briefe kommentarlos wiedergegeben:

Alfred Grosser schreibt:

Zu „Kurzer Lehrgang über den Selbsthass“ (F.A.Z. vom 18. September): Ich danke für die Sorge um meine Identität. Aber mir hat diese nie eine Sorge bereitet. Am Ende von Goethes „Wilhelm Meister“ heißt es, der Held sehe nun aus wie ein Mensch. In der „Zauberflöte“ spricht Sarastro zweimal von der Notwendigkeit, ein Mensch zu sein. Ich habe seit vielen Jahrzehnten das ständige Glück, glücklich zu sein. In der Familie und im vielseitigen Beruf. Aber gerade weil ich fast immer in Glück und Freude gelebt habe, habe ich mir seit jungen Jahren die Pflicht auferlegt, mich, so gut es ging, um Unglückliche zu kümmern. Was nun deren Identität auch sein mochte. Selbsthass? „Du sollst den Nächsten lieben wie dich selbst“ – oft habe ich den Eindruck, ich liebte mich zu sehr.

Ihre Zeitung fragte mich einmal, was mein Motto sei. Ich antwortete: „Immer zufrieden sein, sich nie zufriedengeben.“ Also, lieber Arno Lustiger, bitte Argumente und keine Vermutungen zu meinem geistigen Zustand!

Abraham Melzer:

In Arno Lustigers Pamphlet „Kurzer Lehrgang über den Selbsthass“ (F.A.Z. vom 18. September) werde ich als „der einschlägig bekannte jüdische Antizionist“ eingeführt. Nur wenige Zeilen weiter bin ich schon ein Antisemit und Feind Israels. Das ist schon fast zu viel der Ehre. Früher war ein Antisemit jemand, der Juden nicht mochte. Heute ist ein Antisemit jemand, den bestimmte Juden, die unter anderen Lustiger repräsentiert, nicht mögen.

In diesem Sinne kann ich mit Lustigers Auszeichnung gut leben, da ich weiß, warum Lustiger mich nicht mag. Während der „Zionist auf Lebenszeit“ zu allem, was die israelische Politik macht, Ja und Amen sagen muss, erlaube ich mir den Luxus, zu eindeutigen Menschenrechtsverletzungen auch Nein zu sagen. Das allein reicht heute offensichtlich schon, um Antisemit zu sein.

Und zu guter Letzt der Brief von F.A.Z.-Leser Gebhard Braun:

Der Feuilleton-Beitrag „Kurzer Lehrgang über den Selbsthass“ von Arno Lustiger (F.A.Z. vom 18. September) soll wohl die Angriffe von Henryk M. Broder auf Evelyn Hecht-Galinski und Alfred Grosser rechtfertigen und die kritische Haltung dieser Autoren als antisemitischen Selbsthass qualifizieren. Doch wo bleiben die Nachweise, dass es sich bei den Leserbriefen und weiteren Äußerungen von Frau Hecht-Galinski um solchen „Selbsthass“ und „chronische Identitätsprobleme“ handelt?

Es ist ja gut verständlich, dass es Zionisten schmerzt, wenn die vielfachen Verstöße des Staates Israel gegen Völker- und Menschenrechte angeprangert werden. Doch spricht es Bände, wenn versucht wird, mittels umfangreicher Hinweise auf antisemitische Veröffentlichungen Dritter, die einen Selbsthass beweisen sollen, und deren Nachprüfung schwierig ist, Frau Hecht-Galinski und Herrn Grosser ebenfalls in diese Schublade zu stecken. Die billige Apostrophierung beides als „chronische Tocher“ und „chronischer Sohn“ zeigt zu deutlich diese Absicht.

Eine Kritik an dem völkerrechtswidrigen Handeln des Staates Israel (dem „einzigen demokratischen Staat im Nahen Osten“) kann weder Hochverrat noch Antisemitismus sein. Denn ebenso wie Saddam Hussein die Missachtung der Resolutionen der Vereinten Nationen vorgehalten wurde, muss dies auch gegenüber dem Staat Israel erlaubt sein, dessen Berichte über die Vielzahl solcher Verstöße gegen Völker- wie Menschenrechte (Mauerbau und eine Siedlungspolitik, die an ethnische Säuberung denken lässt), und der die Ermordung politischer Gegner aus Gründen der Staatsräson rechtfertigt. Äußerungen von Zionisten wie Arno Lustinger machen weder Hoffnung auf einen ausgewogenen Friedensvertrag in Palästina noch auf Sicherheit für den Staat Israel.

Das hier angeführte „Argument“, Kritik am Handeln Israels könne qua Definition kein Antisemitsmus sein, zeigt, dass Herr Braun – stellvertretend für viele andere – nicht verstanden hat, um welchen Kern es bei der Debatte zwischen Broder und Hecht-Galinski respektive Grosser und Konsorten eigentlich geht: Natürlich gibt es Kritik am Handeln des Staates Israel, die nicht antisemitisch ist – ebenso wie es Kritik am Handeln Israels gibt, die durch und durch antisemitisch ist. Allerdings geht es Antizionisten wie Melzer oder Hecht-Galinski eben gerade nicht um konkrete Handlungen Israels, sondern um dessen bloße Existenz. Wie Claudio Casula im oben verlinkten Beitrag treffend schreibt:

Was heißt denn Antizionismus? Ein Antizionist ist per definitionem jemand, der gegen einen Staat der Juden in ihrer historischen Heimat ist, also die Daseinsberechtigung Israels negiert. Was soll das mit Kritik an politischen Entscheidungen hier und dort zu tun haben? Der Antizionist lässt grundsätzlich nichts gelten, für ihn ist das Vorhandensein Israels illegal, ganz gleich, was der eine Ministerpräsident macht oder der andere unterlässt.

Quelle: F.A.Z. vom 26. September 2008, S. 11.

Worte der Woche (7)

Posted in Worte der Woche by Mr. Moe on September 26, 2008

Father D’Escoto is the president of the UN General assembly and as such, he deals with all member states of the U.N. He cannot respond to each and every speech made by the leaders of these states. He will join the dinner because he believes in dialogue, an issue which he had highlighted, and thinks that he should deal with all member states.

Der Sprecher von Miguel d’Escoto, Präsident der UN-Generalversammlung, über die Kritik an der Umarmung Ahmadinedschads sowie eines gemeinsamen Abendessens Escotos mit selbigen nach dessen antisemitischer Rede vor der Versammlung (mit der Verlinkung der Rede über die offizielle Seite Ahmadinedschads sei dem Beispiel Yacoov Lozowicks gefolgt: so kann immerhin niemand behaupten, er hätte es so nicht gesagt).

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Der unbequeme Antisemit

Posted in Briefe an die Herausgeber by Mr. Moe on September 25, 2008

Einmal mehr beschwert sich ein promovierter F.A.Z.-Leser über Henryk M. Broder, wobei diesmal Broders in der F.A.Z. veröffentlichter Beitrag „Heiteres Antisemitenraten“ der Stein des Anstoßes ist. Zu Beginn stellt Dr. Thomas Ordnung aus Kleinmachnow diesbezüglich nüchtern fest:

Broders Replik auf Bahners‘ Beitrag vermag nicht zu überzeugen. Broders polemische Ausfälle gegen die „hysterische, geltungsbedürftige Hausfrau“, die Tochter des früheren Sprechers der Juden in Deutschland, Evelyn Hecht-Galinski, der keine über das Tochtersein hinausgehende Qualifikation zuzubilligen sei, darf man getrost ignorieren.

Um zu verstehen, wieso sich Dr. Ordnung überhaupt mit einem Beitrag, der „getrost ignoriert“ werden darf in Form eines längeren Leserbriefs auseinandersetzt, muss man wohl einen Doktortitel haben. Wie dem auch sei, Dr. Ordnung macht seinem Namen alle Ehre und begründet sein Anliegen mit einfachen, gut strukturierten Sätzen:

Nicht zu ignorieren ist dagegen der den sachlichen Kern bestimmende Eklektizismus, dem allerdings die Polemik schon den Weg ebnet. „Verständlich“ sei für ihn, so Broder, dass „nach Auschwitz kein Mensch als Antisemit gelten möchte“, mit anderen Worten, „Antisemitismus“ als Vorwurf steht nach dieser richtigen Beobachtung dessen, was in der Gesellschaft heute gilt, in einem unauflösbaren engen, weil mehr oder weniger spontan sich einstellenden Zusammenhang mit dem Vorwurf der Verharmlosung des Holocaust.

Die hinter diesem Wortschwall steckende Aussage entpuppt sich nach mehrfachen Lesen als erstaunlich schlicht: Wer Antisemiten Antisemiten nennt verharmlost die Shoa. Von dieser Erkenntnis getragen fährt Dr. Ordnung fort:

Diese Beobachtung hindert Broder jedoch nicht daran, die Israel-Kritikerin Hecht-Galinski über das Internet mit Vorwurf des „Antisemitismus“ zu konfrontieren, also das, was gilt, kalkuliert gegen diese einzusetzen. Broder will es sich nicht entgehen lassen, den Gewinn, den die öffentliche Verwendung des Begriffs „antisemitisch“ nach Auschwitz abwirft, abzuschöpfen.

Auch diese Aussage ist eindeutig: Broder nutzt die Shoa um Aufmerksamkeit zu erregen respektive Geld zu verdienen. Nach diesen allgemeinen Ausführungen über die Holocaust-Industrie umschreibt Dr. Ordnung Broders Vorwürfe bezüglich Evelyn Hecht-Galinski in eigenen, formvollendeten Worten:

Broder will seinen Antisemitismus-Vorwurf mit seinem Verweis darauf belegt wissen, dass Frau Hecht-Galinski sich öffentlich „so nahe an die ‚Protokolle der Weisen von Zion‘ herangerobbt“ habe, dass sie „die Idee einer jüdischen Verschwörung“ im besagten Sinne aufgegriffen habe – und zwar durch den NS-Vergleich bezüglich der israelisch-palästinensischen Konfliktaustragung und durch die Behauptung über das Vorhandensein einer – sie bedrängenden – „jüdisch-israelischen Lobby“.

Und was folgt auf diese Schilderung? Richtig: Dr. Ordnung widerlegt Broders Vorwürfe fachmännisch. Zunächst den „NS-Vergleich“:

Dass NS-Vergleiche, so diese zwar unbequem, aber nicht völlig aus der Luft gegriffen sind, auch im Falle Israels legitim sein können, ist auch jüdischerseits nichts Neues. Man lese nur Moshe Zimmermanns Leopold-Lucas-Preisrede von 2002 nach.

Die Logik ist ebenso simpel wie Dr. Ordnung Sprache: Wenn sogar Juden, nennen wir sie der Einfachheit halber „gute Juden“ Israel mit dem Dritten Reich vergleichen – was kann dann daran falsch sein? Nach dieser überzeugenden Argumentation widmet sich Dr. Ordnung der „Israel-Lobby“:

Dass es, so unbequem auch diese Feststellung für manchen sein mag, eine Israel-Lobby in den Vereinigten Staaten und anderswo gibt, ist nach dem Buch von Mearsheimer und Walt kein wirkliches Tabu mehr. Der Politologe Christian Hacke hat sich im vergangenen Jahr dazu in der Zeitschrift „Internationale Politik“ geäußert. Hier nimmt Broders Robben-Theorie ehrverletzende Formen an.

Auch hier ist die Beweislage klar: Es gibt die Israel-Lobby und wer ihren Einfluss leugnet verletzt die Ehre anderer Menschen – noch Fragen?

Nach dieser Verteidigung Hecht-Galinskis gegen ihre Feinde holt Dr. Ordnung abschließend zum ganz großen Schlag aus: Der begrifflichen Trennung von Antisemitismus und Antizionismus:

Da es Frau Hecht-Galinski nicht um den Vorwurf des „Antizionismus“ zu tun ist, der aus Broders Sicht eine „politisch korrekte“ Version des nationalsozialistisch eingefärbten Antisemitismus sein soll, was semantisch und inhaltlich wirr ist, erübrigt sich hier eine Kommentierung, zumal Broder in die Pflicht genommen wäre, zu beweisen, ab wann denn „Antizionismus“ in „Antisemitismus“ umschlägt.

Nach einer solchen Erkenntnis drängen sich die folgenden Fragen geradezu auf: Existiert das geheimnisvolle Phänomen „Antisemitismus“ überhaupt? Sind die von „Gewinn abschöpfenden“ Denunzianten als Antisemiten Bezeichneten in Wahrheit nicht nur „unbequem“? Und schließlich: Wieso hat in dem Land, das gestern, heute und morgen die Hauptzentrale aller unbequemen Dichter und Denker war, ist und sein wird eigentlich jeder Vollidiot, der Sätze mit mehr als zwei Kommata bilden kann einen Doktortitel?

Quelle: F.A.Z. vom 25. September 2008, S. 38.

Marc Pitzke, Sarah Palin und das Warten auf die Bombe

Posted in SPIEGEL & SPIEGEL ONLINE by Mr. Moe on September 24, 2008

Marc Pitzke, SPIEGEL ONLINE Korrespondent in New York, ist bereits mehrfach durch seine äußerst faire und objektive Berichterstattung über den US-Wahlkampf aufgefallen. Doch was Pitzke in seinem neusten Beitrag „Palin plauscht sich in die Weltpolitik“ von sich gibt, schlägt dem Fass den Boden aus.

Bereits der Vorspann sagt weitaus mehr über Pitzke als über Palin aus:

Sarah Palin nutzt die Uno-Vollversammlung für eigene Zwecke: Sie absolviert in New York einen Crashkurs in Außenpolitik. Mit diversen Staatschefs plaudert sie – zum Beispiel über die Namen der Kinder. Reporter blieben wohlweislich ausgesperrt.

Wahrlich unverschämt von Palin, die Uno-Vollversammlung, diesen Segen für die Menschheit, für ihre eigenen üblen Machenschaften zu nutzen. Und überhaupt: Dass eine solche Person mit Staatschefs parlieren darf, während Pitzke draußen im Regen steht – ungeheuerlich! Doch was soll man von den Republikanern auch sonst erwarten:

Palin und Republikaner-Kandidat John McCain scheren sich wenig darum, was Ausländer oder die Medien sagen. Letztere verachten sie, so McCains Top-Stratege Steve Schmidt, als „150 Prozent für den demokratischen Kandidaten voreingenommen“.

Dabei berichten gerade deutsche Medien doch hundertprozentig neutral und unvoreingenommen: Nie ein böses Wort über John McCain und keine unkritische Obama-Lobhudelei. Ein Beispiel dafür, wie deutsche Medien über McCain und Palin berichten, bietet nicht zuletzt Pitzke selbst:

Erster Termin: eine Hotelsuite in Midtown. Palin und Karzai saßen in Brokatsesseln. Karzai erwähnte seinen Sohn. „Wie heißt der?“, erkundigte sich Palin. „Mirwais“, antwortete Karzai. „Das heißt ‚Licht des Hauses‘.“ Palin: „Oh, nett.“ Nach 29 Sekunden Geplänkel wurden die Kameraleute hinauseskortiert.

Was erwartet Pitzke? Soll Palin Karzai sagen, dass sie sein Sohn nicht interessiere und sie mit ihm lieber über auf der Stelle über die Taliban sprechen wolle? Wie dem auch sei, Pitzke interessiert sich – man glaubt es kaum – durchaus noch für andere Dinge als Sarah Palin:

Das Uno-Duell zwischen Bush und Ahmadinedschad ging bei dieser Farce fast völlig unter. Dabei war es außenpolitisch von weit größerer Bedeutung – und außerdem das letzte seiner Art: Der US-Präsident nahm seinen Abschied von der Uno, mit der ihn jahrelang gepflegte Ressentiments verbanden.

Sowohl in den großen amerikanischen Tageszeitungen, als auch in deutschen, englischen und israelischen Medien wurde ausgiebig über Ahmadinedschad und Bush berichtet. Zudem lege es in Pitzkes eigenen Händen, über selbige zu schreiben und sich nicht bis zum Erbrechen über Sarah Palin zu echauffieren. Wobei Pitzke durchaus ein paar Worte über Ahmadinedschad parat hat:

Doch auch Ahmadinedschad kam an Palin nicht vorbei. Tags zuvor hatten Tausende vor der Uno gegen ihn protestiert. Die Demonstration, organisiert von jüdischen Gruppen, wurde jedoch bald in „Sarah-Palin-Demo“ umgetauft.

Palin und die Demokratin Hillary Clinton waren beide als Gastrednerinnen geladen. Doch als Clinton von Palin erfuhr, sagte sie wieder ab. Woraufhin auch Palin zurücktrat. Ihre geplante Rede fand sich stattdessen am selben Tag auf Seite eins der konservativen Zeitung „New York Sun“ – welche Palin darob atemlos zur „neuesten Cinderella der internationalen Szene“ kürte.

Welch Überraschung: Anstatt Clintons Rückzug zu kritisieren, wird sich über Palin lustig gemacht.

Schnitt. Was Pitzke bis hierhin ausgebreitet hat ist gewiss die Tastatur nicht wert, auf der es geschrieben wurde. Was sich Pitzke Folgenden jedoch über Palins Rede schreibt, ist mit Worten kaum zu beschreiben und bei auch nur geringst vorhandenem Verstand unbegreiflich:

„Er muss aufgehalten werden“, wetterte Palin da über Ahmadinedschad. „Die Welt muss die Bedrohung erkennen, die dieser Mann für uns alle darstellt.“ Iran könne „binnen eines Jahres“ genügend spaltbares Material für eine Atombombe herstellen, sagte die mögliche US-Vizepräsidentin. Dass es von dort aus noch ein weiter Weg ist zu einer tatsächlich funktionierenden Atombombe, verschwieg Palin freilich. „Wenn McCain und Palin gewählt werden“, schlussfolgerte der konservative Blogger Andrew Sullivan daraus, „wird es Krieg geben.“

Falsch: Es wird Krieg geben, weil Menschen wie Marc Pitzke die Entwicklung der iranischen Atombombe so lange leugnen werden, bis sie am Himmel von Tel Aviv zu sehen ist. Oder wie Carlonie Glick es in der Jerusalem Post treffend umschrieb:

There will be no will in Washington to act against Iran until after Iran has attacked Israel with nuclear weapons.

So it is up to Israel. Too bad we don’t have a government in Jerusalem.

Edit: Jetzt ist auch der Weekly Standard auf Pitzke aufmerksam geworden.

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Drei Mitteilungen in eigener Sache

Posted in Hausmitteilungen by Don Homer on September 23, 2008
  1. Aufmerksame Leser werden es bemerkt haben: Das Layout hat sich zu seinen Ungunsten verändert. Da Mr. Moe von der WordPress zugrunde liegenden Technik in etwa soviel wie vom U-Boot manövrieren versteht, nichts gemacht hat und daher eine Verschwörung wittert, wird sich Don Homer dankenswerterweise um eine entsprechende Rück- respektive Neugestaltung bemühen. In Anbetracht Don Homers technischer Fähigkeiten dauert die Umgestaltung so lange wie sie eben dauert.
  2. Im Zuge der Layoutanpassungen wird es gegebenenfalls auch inhaltliche Anpassungen geben, wie etwa die Einführung neuer Kategorien. Sämtliche Veränderungen werden selbstverständlich mit Mr. Moe abgesprochen und in seinem Sinne verwirklicht.
  3. Aus aktuellem Anlass, auch wenn es sich von selbst versteht: Sexistische, rassistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Kommentare werden in diesem Blog nicht akzeptiert und demzufolge gelöscht. Betroffene Schreiberlinge mögen Ihre Beschwerden bitte an gejammer@heuldoch.de richten oder weiteres Geschmiere unterlassen.

„Auto fährt in Menschenmenge – Fahrer erschossen“

Posted in SPIEGEL & SPIEGEL ONLINE by Mr. Moe on September 22, 2008

So betitelt SPIEGEL-Online den neusten Anschlag in Jerusalem – frei nach dem Prinzip: Climax-First. Und weiter:

Bei dem Zwischenfall im Zentrum von Jerusalem wurden nach Angaben des israelischen Rettungsdienstes rund 15 Menschen verletzt. Der Fahrer habe sein Auto in eine Fußgängergruppe gefahren. Er sei von bewaffneten Passanten erschossen worden. Über seine Identität war zunächst nichts bekannt.

Tja, wirklich tragisch diese Zwischenfälle.

Im Übrigen findet sich SPON mit dieser Art von Berichterstattung in guter, gebührenfinanzierter Gesellschaft, wie Yacoov Lozowick zu berichten weiß.

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Audiatur et altera pars

Posted in Briefe an die Herausgeber by Mr. Moe on September 20, 2008

Tanja Krienen kritisiert in einem Leserbrief an die F.A.Z., dass selbige Henryk M. Broders Beitrag „Heiteres Antisemitenraten“ veröffentlicht hat. Die sich auf die von Krienen und Broder in eigener Sache geführte Auseinandersetzung beziehenden Anmerkungen einmal beiseite gelassen, sind Krienens Ausführungen doch mehr als verblüffend:

Es ist mir unbegreiflich, dass Sie Henryk M. Broder in eigener Sache einen derart großen Raum geben und ihn seine krude Antisemitismus-Theorie nicht nur darlegen lassen, sondern ihm auch Gelegenheit geben, seine Schmähungen gegen jüdische Israel-Kritiker zu rechtfertigen.

Wahrlich ungeheuerlich, dass die F.A.Z. einem nicht zuletzt von ihrem Feuilleton-Chef Bahners in der eigenen Zeitung heftig Kritisierten das Recht der Verteidigung zugesteht. Doch es kommt noch besser:

Warum geben Sie nicht einmal den Opfern Broders solchen Raum, um aufzuzeigen, wie er politisch-publizistisch agiert?

Hier werden simple Tatsachen verdreht, veröffentlicht die F.A.Z. auf ihrer Leserbriefseite doch mit schöner Regelmäßigkeit Traktate von Evelyn Hecht-Galinski und Konsorten. Zudem ist Broders Artikel wie oben angedeutet eine Antwort auf Patrick Bahners scheinheilige Frage „Was darf eine Jüdin in Deutschland gegen Israel sagen?“, so dass der Vorwurf, die F.A.Z. würde Broders Opfern respektive Gegnern keinen publizistischen Raum geben, selbst beim besten Willen lächerlich erscheinen muss.

Quelle: F.A.Z. vom 20. September 2008, S. 17.

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Stets das Gute sehen

Posted in Zwei mal Drei macht Vier by Mr. Moe on September 19, 2008

Bei vielen Menschen besteht die Neigung, komplexe Sachverhalte immer nur von ihrer negativen Seite zu betrachten. Dieser Fehler unterläuft auch Henyrk M. Broder, der Ahmadinedschads neuste Auslassungen über Israel äußerst einseitig liest und folglich voller Häme kommentiert. Doch trifft Broder nur eine Teilschuld, unterliegt er doch der hinterlistigen Berichterstattung zionistischer Medien. Unter Berücksichtigung eines Artikels der New York Times hat Ahmadinedschad hingegen durchaus auch versöhnliches im Angebot:

“We have no problem with people and nations,” he said. “Of course, we do not recognize a government or a nation for the Zionist regime.”

Für den ersten Satz ist ohne jeden Zweifel Lob angebracht und der zweite Satz – nun ja, über das Existenzrecht eines zionistischen Staates darf doch durchaus noch diskutiert werden. Leider besteht gerade in Deutschland die Tendenz, solche Äußerungen gleich als Antisemitismus zu denunzieren und ehrbare Debattanten so moralisch totzuschlagen. Doch zurück zu Ahmadinedschads Äußerungen, deren positive Botschaft sich entfaltet, wenn sie im Kontext gelesen werden:

Mr. Ahmadinejad made clear his opposition to Israel, saying that while “some say the idea of Greater Israel has expired, I say the idea of lesser Israel has expired too.” He also called the Holocaust a “fake” and accused Israel of perpetrating a holocaust on Palestinians.

But he added that the people who lived in Israel were tricked into moving there, and that the Zionist government used them as a shield to protect itself.

So sieht es nämlich aus: Nicht der Jude an und für sich ist bösartig, sondern nur die jüdischen Strippenzieher, diejenigen an der Macht. Ein typisches Missverständnis also. Außerdem hat hat Ahmadinedschad für die ganze hässliche Angelegenheit eine überaus humane Lösungen parat:

“We are opposed to the idea that the people who live there should be thrown into the sea or be burnt,” he said. “We believe that all the people who live there, the Jews, Muslims and Christians, should take part in a free referendum and choose their government.”

Wer damit fertig ist, über die freie Volksabstimmung und Wahl der Regierung zu lachen, sollte es sich auf der Zunge zergehen lassen: Die Juden sollen nicht ins Meer getrieben oder verbrannt werden – jeder paranoide Gegner Ahmadinedschad sollte sich diesen Satz nicht nur hinter die Ohren schreiben, sondern am Besten mitten auf die Stirn tätowieren. Denn wer stets beteuert kein Feuer zu legen, dem vertraut man doch gerne eine Packung Streichhölzer an.