Zeitung für Schland

Neues vom Murmeltier

Posted in Briefe an die Herausgeber by Mr. Moe on Juni 13, 2008

Nachdem vor zwei Tagen an dieser Stelle darüber spekuliert wurde,ob der Tag kommen möge an dem auf der Leserbriefseite der F.A.Z. kein geschichtsrevisionistischer Unsinn abgedruckt werde, darf der Leser, der sich angesichts des gestrigen Nichtvorhandenseins solchen Unsinns bereits gewundert haben dürfte, angesichts eines neuerlichen Falls aufamten. Das Amt des Geschichtsreviosionisten übernimmt – wie so häufig – ein Gelehrter: Prof. Dr. iur Menno Aden. Anlass seines Briefes ist die drohende Entschädigung der griechischen Überlebenden des Massakers der SS in Distomo im Jahre 1944 durch Deutschland. Hierin sieht Prof. Aden eine „Ironie“, sei doch Italien der „Hauptverantwortliche“ gewesen:

Am 28. Oktober überfiel der Duce Griechenland, um es seinem neuen Imperio Romano einzuverleiben. Unser damaliger Staatschef [sic!] half seinem Freund dabei gegen jedes deutsche Interesse.

Verfolgten „unser damaliger Staatschef“ und das Deutsche Reich im Zweiten Weltkrieg ansonsten also lediglich „deutsche Interessen“, wurde Deutschland der Krieg gegen Griechenland bösartigerweise von Italien aufgezwungen.Und es kam noch schlimmer:

Nach 1943 (Badoglio) waren die von Italien verlassenen deutschen Truppen Ziel irregulärer Angriffe und Tötungen deutscher Soldaten.

Was sich zunächst widersinnigerweise so liest, als ob die deutschen Soldaten die von den verräterischen italienischen Soldaten im Stich gelassenen deutschen Truppen angegriffen hätten, ist wie folgt gemeint:

Diesen wurde nach damaligen Völkerrecht durch Repressalien, auch Tötungen, begegnet; aus diesen stammen die Ansprüche. Diese Repressalien waren daher völkerrechtlich jedenfalls erheblich rechtmäßiger als die Bombadierung ziviler Ziele, für welche in London dem Bombermeister ein Denkmal gesetzt ist, oder die Vertreibung ziviler Bürger, deren wir heute nicht einmal gedenken dürfen.

Dass ein Akademiker einen solchen sprachlichen Widersinn veröffentlicht vermag nur denjenigen als Kuriosum zu erscheinen, die noch nie eine Vorlesung besucht haben. Damit die Aussagen von Prof. Aden zumindest einigermaßen Sinn ergeben, muss in dem ersten Zitat offensichtlich „deutscher Soldaten“ durch „griechischer Soldaten“ ersetzt werden – die Möglichkeit einmal außer Acht gelassen, dass „deutschen Truppen Ziel irregulärer Angriffe und Tötungen deutscher Soldaten“ eine vollkommen überflüßige Dopplung darstellt; der Sinn bliebe ohnehin der Gleiche.

Den griechischen Soldaten sei dann jedenfalls – durch das damalige Völkerrecht angeblich gedeckt und demnach gerechtfertigterweise – „durch Repressalien“, auf deutsch: Tötungen, geantwortet worden. Dies wiederum sei doch im Gegensatz zu dem alliierten Bombenterror und der Vertreibung „ziviler Bürger“ nun wirklich nicht so schlimm:

Für beide Vorgänge hat offenbar bisher noch kein Deutscher vor Gericht geklagt, geschweige denn obsiegt.

Jawohl, so denkt sich Prof. Aden die Angelegenheit: Erst „deutsche Interessen“ überall in Europa vertreten und dann darüber klagen, dass sich andere Nationen der Verwirklichung selbiger in den Weg stellen. Immerhin zu einer Einsicht ist Prof. Aden dann aber doch gelangt:

Uns Deutschen ist aber nun auch wirklich nicht zu helfen.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Quelle: F.A.Z. vom 13. Juni 2008, S. 11.

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2 Antworten

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  1. Richard said, on Juni 13, 2008 at 11:10 am

    was hast du an der formulierung “unser damaliger Staatschef” auszusetzen?

  2. Bernd Dahlenburg said, on Juni 16, 2008 at 12:19 am

    Hallo Lars,

    Beste Grüße aus Augsburg

    Bernd

    ————–

    Schau‘ mal auf meine Linkliste und die Tagestipps.


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